Auch Objekte haben eine Biographie und manchmal reicht ihre Geschichte weit um den Globus. In Kooperation mit dem Museum der Kulturen in Basel sind 15 Kurzfilme entstanden, in denen Geschichtsstudierende die vielfältigen Transformationen und neuen Sinnzuschreibungen erforschen, die Menschen aus verschiedensten Kulturen mit diesen oft rätselhaft wirkenden Objekten verbanden. Ihre spannenden Verflechtungsgeschichten zeigen, wie Gegenstände, Techniken, Ideen und Symbole seit jeher zwischen den Kulturen wanderten – von der Kolonialzeit bis in die Gegenwart.
Ein Miniatureiffelturm aus Konservendosen, hergestellt in Dakar und als Reisesouvenir in Paris verkauft. An seinem Beispiel lässt sich die Biographie des Objekts, aber auch die der Reiseandenken erzählen. Der mutmaßliche Hersteller dürfte das Original nie gesehen haben und hat seinen Eiffelturm leicht verfremdet.
Ein Pionierprodukt der globalen Lebensmittelindustrie aus der Schweiz war der Maggi-Brühwürfel. Ursprünglich zur Verbesserung der Ernährung von Arbeitern gedacht, brachten ihn Missionare früh in die afrikanischen Kolonien, wo er sich bis heute großer Beliebtheit erfreut, wenn auch mit anderem Geschmack.
Die Schultüte oder Zuckertüte, wie sie in Ostdeutschland hieß und woher sie stammte, zaubert ein Lächeln in die Gesichter der Schulanfänger. Kindern wird so der erste Schultag versüßt, dennoch hat sie im Laufe des 20. Jahrhunderts etliche Veränderungen durchlaufen: die Schultüten im Kaiserreich, im Nationalsozialismus, in der DDR und in Westdeutschland unterschieden sich nicht nur in ihrer äußeren Gestalt…
Seine Elastizität machte den Saft des Kautschukbaums zu einem begehrten Rohstoff der Industrialisierung, aber er musste mühsam im amerikanischen Dschungel gezapft werden, bis es einem Briten gelang, Setzlinge außer Landes zu schmuggeln. Nun entstanden die großen Kautschukplantagen in Südostasien. Das Interesse an diesem wertvollen Rohstoff löste schließlich im Kongo, der Privatkolonie des Königs Leopold II., die abscheulichsten Verbrechen aus.
Wenige Muster sind heute so verbreitet und beliebt wie das Paisley-Muster, benannt nach der schottischen Stadt Paisley. Dabei stammte es aus Persien und seine Geschichte ist eng mit der britischen Kolonialherrschaft über Indien verknüpft. Die schottische Textilindustrie eignete sich das Muster an, nachdem man die indischen Textilien vom europäischen Markt verdrängt hatte.
Aus angeschwemmtem Abfall fertigten afrikanische Künstler ein buntes Nashorn, das zu Gunsten eines Umweltsdchutzprojekts verkauft wurde. Das verwendete Gummi stammt von weggeworfenen Flipflops, dem billigsten und weltweit meistgestragenen Schuhwerk, dessen Urform schon im alten Ägypten bekannt war, das aber erst durch einen brasilianischen Fabrikanten zu einem Markenprodukt wurde. Die Geschichte des Gummi-Nashorns verbindet so die Geschichte der Globalisierung mit der Geschichte eines lokalen Umweltprojekts, das so neue Aufmerksamkeit erhält.
Das Brautkleid verdrängte seit dem 19. Jahrhundert die Tracht als Hochzeitskleidung auch auf dem Lamd, bis ins 20. Jahrhundert wurde ein schwarzes Kleid mit weißem Schleier getragen. Das weiße Hochzeitskleid entwickelte sich parallel dazu als Zeichen des Wohlstands, symbolisch verkörperte es Reinheit und Jungfräulichkeit der Braut. Die Geschichte des Brautkleids spiegelt das sich wandelnde Bild der Ehefrau wider…
Eine kostbare Schnitzerei aus Elfenbein brachte 1933 der jüdische Fabrikant Baron von Hirsch auf seiner Flucht mit in die Schweiz. Sie war im 16. Jahrhundert an der Elfenbeinküste hergestellt worden, der genaue Verwendungszweck ist heute unklar. aber auch in Indien, China und Japan waren Elfenbeinschnitzereien sehr begehrt und die kostbare Stoßzähnen wurden von den Portugiesen gehandelt. Die Nachfrage ist ungebrochen, so dass die Elefanten deshalb heute stark bedroht.
Ein merkwürdiges Bild aus Peru gibt Betrachtern Rätsel auf. Pablo Ameringo, ein Schamane, malte es nach einem Ritual, bei dem das Psychodelika Ayahuasca zum Einsatz kam und Visionen erzeugte. Seit Jahrhunderten nutzten die Einheimischen das starken Brechreiz erzeugende Ayahuasca bei Reinigungsritualen und Heilungen.
Eine gebückte Figur der Bamileke in Kamerun, die mit bunten Glasperlen geschmückt ist. Solche Glasperlen wurden speziell für den afrikanischen Markt angefertigt, oft in Böhmen oder in Venedig. Sie wurden an der Küste gegen Sklaven getauscht, die die europäischen Händler an die Plantagen der Karibik und Brasiliens verkauften.
Im tibetischen Buddhismus ist der Moment zwischen Leben und Tod eine besonders wichtig, denn wenn die Seele hier das klare Licht erkennt, kann sie das Rad des Lebens verlassen und eine drohende Wiedergeburt abwenden, sondern ins Nirwana gelangen. Das Thangka soll diese Erkenntnis erleichtern und wurde von Lamas zu den Sterbenden gebracht, um der Seele bei de Orientierung zu helfen…
Manchem Objekt, wie der Freitag-Tasche sieht man ihre Geschichte noch an, da sie aus einer alten LKW-Plane, alten Fahrradschläuchen und Sicherheitsgurten gefertigt wurden. Beim so genannten Upcycling werden scheinbar nutzlose Stoffen in hochwertige Waren umgewandelt. Die Geschichte des Recycling geht heute noch weiter: Pioniere entwickeln bereits Produkte, die nicht eines Tages als Abfall enden, sondern vollständig in den Stoffkreislauf zurück geführt werden können…
Zylinderhüte wurden im frühen 19. Jahrhundert zum Zeichen deutscher Bürgerlichkeit und unverzichtbares Attribut eines englischen Gentlemen. Form und Material wandelten sich, seine militärische Variante war der Tschako. Auch afrikanische Staatschefs wie Paul Kruger oder der Gründervater des heutigen Lesotho Moshoeshoe ließen sich mit Zylinger ablichten, letzterer betonte so seinen Anspruch als gleichwertiger Verhandlungspartner der Briten zu gelten.
Kaum ein anderes Kleidungsstück hat eine solche Karriere aufzuweisen wie die Jeans. Ihr Schöpfer, der fränkische Jude Löb Strauss, verstärkte stabile Segeltuchhosen mit Kupfernieten und sorgte so für die Arbeitskleidung der Amerikaner. Erst nach der Weltwirtschaftskrise wurde die Jeans zu einer Freizeitkleidung und zum Symbol für Abenteuer – auch weil Strauss entsprechende Rodeos zur Vermarktung nutzte. Für Frauen wurde die Jeans wie andere Hosen auch erst ab den 1960er Jahren ein alltägliches Kleidungsstück…